Wie rigide Führung Unternehmen lähmt
Nur mitdenkende und engagierte Mitarbeiter können dazu beitragen, ein Unternehmen zur lernenden Organisation zu entwickeln. Hier ist eine neue Kultur gefragt, die Kommunikation statt Konfrontation fördert.
Mai 1968, Dawson Texas: Eine Lockheed der Braniff Airlines stürzt auf einem Flug zwischen Houston und Memphis ab. Außer der Besatzung starben 80 Passagiere. Der Pilot hatte sich als einziger der Flugkapitäne im betroffenen Luftraum entschieden, einen Weg durch eine schwere Gewitterfront zu suchen, die alle anderen umflogen. Er tat das gegen den ausdrücklichen Rat des Fluglotsen am Boden und hoffte, irgendwo ein Loch im Gewitterinferno zu finden. Als die Situation wegen Hagelgefahr kritisch wurde und das Bodenpersonal extreme Bedenken äußerte, schaltete der Kapitän auf stur. Der Kopilot griff nicht ein, sondern formulierte lediglich kleinlaut ein paar Einwände, bis die Maschine um 16:47 Uhr von einer Turbulenz auf den Rücken gedreht wurde und keine 20 Sekunden später in der Luft zerbrach.
Von Fürth nach Istanbul
Zwischen Kommunikationsfehlern im Flugzeugcockpit und an der Spitze von Unternehmen gibt es erstaunliche Parallelen. Grundig etwa ist heute ein deutsches Traditionsunternehmen mit Sitz in Istanbul und Produktionsstätten in Asien. Wie konnte es dazu kommen? Das Unternehmen wurde 1930 in Fürth gegründet und stieg nach dem Krieg zum größten Rundfunkgerätehersteller Europas auf. Im Jahr 1980 gab Max Grundig den Firmenvorsitz seines schlingernden Unternehmens ab, das aber in wechselhaftem Auf und Ab nie mehr zu altem Glanz zurückfand. 2003 kamen der Konkurs und ein türkischer Investor, der jetzt deutsche TV-Geräte in Asien produzieren lässt.
Max Grundig war ein Patriarch alter Schule, der seine Mitarbeiter für unmündige Zahnrädchen hielt: In diesem Klima gab es niemanden, der ihm widersprechen wollte und keinen, der sein Wissen und seine Ideen gegen Grundigs Sturheit durchboxen konnte. Als die Japaner den europäischen Markt mit Unterhaltungselektronik überschwemmten, wurde Grundig der neuen Situation nicht mehr Herr. Sein Unternehmen besaß keine geistigen Triebkräfte und keine Systemintelligenz. Beides hatte Max Grundig gründlich und systematisch ausgemerzt.
Die beiden Beispiele aus der Fliegerei und der Wirtschaft zeigen, was geschieht, wenn die Führung das Wissen und das Mitdenken der Mitarbeiter systematisch ignoriert oder gar abstraft, indem sie engagierte Mitdenker vor anderen abkanzelt. Wer sich dreimal sachhaltig und konstruktiv zu einer Herausforderung äußert und übergangen wird, als sei er ein Schuljunge, wird nie mehr den Mund aufmachen, auch wenn in der Abteilung ein Absturz droht.
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