Change-Management in turbulenten Zeiten. Ist Ihr Unternehmen vorbereitet?
Peter Brandl – Redner Change-Management – Top-Speaker und Pilot.
Als Pilot werde ich nicht gefragt, ob ich Veränderungen mag oder nicht – es spielt auch keine Rolle. Wenn sich in 10 Kilometern Höhe plötzlich die Rahmenbedingungen ändern, schlechtes Wetter, technische Probleme, einen Passagier mit Herzinfarkt müssen wir die Verantwortung übernehmen und handeln – da fragt niemand, ob die Piloten emotional bereit sind für die Veränderung. Es bleibt auch keine Zeit für einen Arbeitskreis oder einen Workshop – die einzige Frage, die jetzt zählt, ist: Was können wir jetzt tun?
Und genauso ist es in Teams und Unternehmen, oder es sollte zumindest so sein. Aber viele Teams sind noch langen nicht in der neuen Zeit angekommen. Dabei wird die Veränderungsgeschwindigkeit wird immer schneller, und das wird auch so bleiben, ob uns das passt oder nicht. Change ist gekommen, um zu bleiben. So, wie wir uns im Privatleben an neue Situationen anpassen, müssen auch Unternehmen Veränderungen effektiv bewältigen.
Bei dieser Veränderungsgeschwindigkeit können wir aber nicht mithalten, wenn wir weiterhin versuchen, die alten Strategien und Tugenden wie z.b. Planen, Verteilen und Delegieren zu nutzen. Schon gar nicht hilft uns unser Drang nach Perfektionismus und Berechenbarkeit.
Wenn wir bei dieser neuen Geschwindigkeit mithalten wollen, braucht es eine neue Kultur. Eine Kultur, die geprägt ist von Selbstverantwortung, Offenheit, klarer Kommunikation und einem konstruktiven Umgang mit Fehlern.
Was braucht es, um so eine Kultur zu etablieren?

Offenheit – Weniger Reibungsverluste
Seien wir ehrlich – Veränderungen, vor allem disruptive, können ziemlich beängstigend sein. Und deshalb ist es verständlich, dass manche sich gegen Veränderungen wehren werden.
Aber genau diese Unsicherheiten sind das Wesen jeder einschneidenden Veränderung. Das ist der Grund warum, wenn Change-Prozesse nicht gemanagt werden, oft eine ungeheure negative Dynamik entsteht. Blöderweise verstärkt diese Dynamik die Turbulenzen, und löst sogar manchmal eine regelrechte destruktive Spirale aus, die das Unternehmen lähmt und völlig unnötig Ressourcen verbraucht.
Leadership – Den Flieger ruhig halten
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Flugzeug, das durch heftige Turbulenzen steuert. Aber die Piloten sind nicht im Cockpit sondern stehen in der Bordküche und schmieden Pläne, oder führen kleine Reparaturen aus. Was würden Sie tun? Oder besser: was würden Sie von Ihrer Cockpit-Crew erwarten, wenn das Flugzeug durch raues Wetter fliegt?
Change-Kompetenz bedeutet, dass Steuer zu übernehmen und den Flieger sicher ans Ziel zu bringen. Es bedeutet aber nicht, krampfhaft an einem einmal eingeschlagenen Kurs festzuhalten. Es geht darum, sich und das Team möglichst schnell an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen und so möglichst alle Chancen der Veränderung auch zu nutzen.
Die Crew halten und motivieren
Veränderungen können für Mitarbeiter beunruhigend und beängstigend sein. Die normale Reaktion hierauf, ist Rückzug und Selbstschutz. Das Problem ist aber, dass man genau in diesen turbulenten Zeiten motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter braucht, die Verantwortung übernehmen, Entscheidungen treffen und dabei alle in die gleiche Richtung steuern. Aufgabe von Change-Management ist es deshalb die Menschen abzuholen, sie miteinzubeziehen, zu motivieren und dann auch am Erfolg teilhaben zu lassen.
Verantwortung stärken
All das sind schöne Worte bisher. Aber komplexe Change-Prozesse gelingen nur, wenn die Betroffenen selbst die Verantwortung für den Prozess übernehmen. Alles andere ist viel zu langsam, zu träge und erzeugt gigantischen Abstimmungsaufwand. Eigenverantwortung wird dabei zwar hochgepriesen, aber in den meisten Unternehmen herrscht dennoch eine „Cover-your-A..“-Kultur, in der es primär darum geht, sich selbst abzusichern und erst danach um das Wohl des Unternehmens.
Eigenverantwortung stärken ist damit die wahrscheinlich wichtige Kompetenz für erfolgreiches Change-Management, denn sie bildet die Grundlage für die beiden Umsetzungskompetenzen Fehlermanagement und Entscheidungsstärke
Entscheidungen treffen
Eigenverantwortung geht nicht ohne Entscheidungsstärke. Aber genau hier kommt schon die nächste Herausforderung auf dem Weg zu einem erfolgreichen Change-Management. In den meisten Unternehmen herrscht nämlich keine Entscheidungs- sondern einen Absicherungskultur. Entscheidungen werden nicht getroffen und Probleme werden ausgesessen. Dabei zeigen zahlreiche Studien, wie z.B. der Gallup-Report immer wieder: das, was Mitarbeiter am meisten stört, sind nicht die (aus ihrer Sicht) falschen Entscheidungen. Das, was Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am meisten stört ist, wenn keine Entscheidungen getroffen werden. Dann haben die Mitarbeiter nämlich keine Vorgaben. Sie wissen nicht, was richtig und falsch ist und schon gar nicht, welchem Ziel das Ganze dienen soll. Das die Leute sich dann in die (innere) Kündigung flüchten, ist eigentlich nachvollziehbar. Effektives Change-Management bedeutet also immer auch, alle Beteiligten mit den nötigen Entscheidungskompetenzen, aber auch mit geeigneten Entscheidungstools auszustatten.
Fehlerkultur / Fehlermanagement
Wenn Menschen Entscheidungen treffen, dann wird es immer so sein, dass sie manche dieser Entscheidungen anders treffen werden, als Sie das getan hätten. Und: manche dieser Entscheidungen werden falsch sein und sich als Fehler herausstellen. Das liegt eigentlich in der Natur der Sache.
Sollen nun aber nicht alle Change-Management-Ansätze im Keim erstickt werden, müssen Organisationen darüber nachdenken, wie sie mit Fehlern umgehen. „Den Fehler als Lernchance“ begreifen ist dabei ein wohlklingendes Postulat. In der Praxis erlebe ich aber immer wieder eine Schuldfinder- oder sogar Vertuschungskultur.
Wenn wir in einem Flugzeug in dreizehn Kilometern Höhe unterwegs sind und die Triebwerke brennen, dann bringt es uns nichts, wenn wir uns streiten und uns gegenseitig die Schuld zuschieben. Genauso wenig hilft es das Problem zu vertuschen, zu ignorieren oder einen Arbeitskreis einzuberufen.
Wir müssen das Problem lösen. Und das tun wir, in dem wir lösungsorientiert und fokussiert sind, Entscheidungen treffen, alle uns zur Verfügung stehenden Ressourcen nutzen und zusätzliche Ressourcen schaffen – und genau das ist effektives Change-Management.
