
Die fünf Axiome nach Watzlawick
Grundwahrheiten über Kommunikation, die du als Führungskraft kennen solltest.
Kommunikation ist unvermeidlich -ob wir wollen oder nicht. Und sie entscheidet, ob wir erfolgreich sind und unsere Ziele erreichen oder halt nicht. Natürlich ersetzt Kommunikation keine Fachkompetenz, aber sie ist die Basis auf der alles andere aufbaut. Wenn du deine Ideen nicht kommunizieren, wenn du niemanden überzeigen kannst, dann nutzt dir das ganze Fachwissen nichts.
Erfolgreiche Kommunikation entscheidet über die Qualität deiner Beziehungen zu Mitarbeitern, Kunden und Partnern. Wie oft hast du dich schon etwas gefragt, wie „Warum versteht der mich nicht?“
Paul Watzlawick, einer der bedeutendsten Kommunikationspsychologen des 20. Jahrhunderts hat sich genau darüber Gedanken gemacht. Als Ergebnis hat er ein Modell entwickelt, das fünf Grundwahrheiten umfasst. Diese Grundwahrheiten, also allgemeingültige Aussagen hat er Axiome genannt.
Doch warum sind diese Axiome für dich als Führungskraft oder Unternehmer so wichtig? Lass uns die fünf Axiome im Einzelnen anschauen und sehen, was sie für deinen Alltag bedeuten.
1. Axiom: Man kann nicht nicht kommunizieren
Das erste Axiom bringt es auf den Punkt: Selbst wenn du schweigst oder dich abwendest, kommunizierst du etwas. Vielleicht kennst du die Situation: Du betrittst ein Meeting, und ein Kollege schaut demonstrativ auf sein Handy, ohne dich zu begrüßen. Was signalisiert das? Genau – Desinteresse oder Ablehnung.
Oder stell dir einen Mann vor, der in einem Aufzug steht, sein Gesicht ist gegen die Aufzugswand gewandt. Klar, könnte man annehmen, dass hier nicht kommuniziert wird. Wahrscheinlicher ist aber, dass dieser Mann keinen Kontakt zu Mitfahrenden haben möchte, und das eben auch kommuniziert.
Das Problem hierbei ist, dass man die Bedeutung der Nachricht nur über Interpretationen, also Mutmaßungen entschlüsseln kann. Und damit kann man natürlich dramatisch daneben liegen.
Auch in der Luftfahrt zeigt sich dieses Axiom. Wenn ein Captain im Cockpit plötzlich schweigt oder seine/ihre Körpersprache ungewöhnlich angespannt wirkt, kann das den Co-Piloten verunsichern. Selbst ohne Worte wird eine Botschaft übermittelt und du kannst dir vorstellen, dass eine solche Botschaft einen Co-Piloten ziemlich unter Stress setzen kann.
Im Cockpit ist deshalb ständige und vor allem bewusste Kommunikation essenziell, um die Zusammenarbeit und damit die Sicherheit des Fluges zu gewährleisten.
Als Führungskraft solltest du dir bewusst sein, dass nicht nur deine Worte, sondern auch dein Verhalten ständig interpretiert wird. Achte darauf, welche nonverbalen Signale du aussendest. Wenn dich z.B. etwas nervt, oder du eine Abneigung gegen einen Menschen hast, dann wirst du entsprechende Kommunikationssignale aussenden. Kommunikation kannst du nicht vermeiden. Das Einzige, was du beeinflussen kannst, ist der Grad deiner Missverständlichkeit.
2. Axiom: Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt – Und zwar in der Form, dass die Beziehung den Inhalt dominiert.
Die Qualität einer Beziehung bestimmt die Art der Kommunikation zwischen zwei Akteuren. Lass uns dazu ein kleines Experiment machen: stell dir einen Menschen vor, den du nicht leiden kannst, und zwar wirklich nicht leiden kannst. Jetzt stell dir vor, du erfährst plötzlich, dass dieser Text von genau diesem Menschen geschrieben wurde, was passiert jetzt mit dir?
Aufgrund irgendwelcher äußeren Umstände musst du weiterlesen, kannst den Text also nicht einfach zu Seite legen. Kann es sein, dass du den Text jetzt komplett anders wahrnimmst? Kann es sein, dass du anfängst, bewusst nach Fehlern zu suchen? Und was passiert mit den Inhalten? Kann es sein, dass du die Inhalte plötzlich komplett anders bewertest?
Damit Kommunikation, vor allem unter Stress, erfolgreich verläuft, braucht es eine tragfähige Beziehungsebene. Wenn zum Beispiel eine Verhandlung stockt, oder ein Mitarbeiter sich abwehrend verhält, mach das wenig Sinn, nach Argumenten zu suchen. Wirkungsvoller ist es, zu versuchen, die Beziehungsebene zu festigen.
Führungskräfte laufen oft Gefahr, sich zu stark auf den Inhalt zu konzentrieren und den Beziehungsaspekt zu vernachlässigen. Doch eine gute Beziehungsebene ist entscheidend für Motivation und Vertrauen. Nimm dir bewusst Zeit, um zu reflektieren, wie deine Botschaften ankommen.
3. Axiom: Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung
Kommunikation ist ein ständiger Kreislauf. Watzlawick beschreibt dies als das Prinzip der Interpunktion. Übersetzt heißt das so viel wie, das auf jeden Reiz eine Antwort folgt. Diese Antwort wird dann wieder zum Reiz, auf den natülich wiederum eine Antwort folgt.
Kommunikation ist also immer ein Kreislauf. Dir Frage ist nur, wer hat angefangen. „Das habe ich doch nur gemacht, weil du …) Wir verstehen unser Verhalten immer als Reaktion auf das Verhalten des anderen. Heißt: Schuld ist immer das Gegenüber.
Ein typisches Beispiel: Ein Mitarbeiter zieht sich zurück, weil er sich von seinem Chef missverstanden fühlt. Der Chef interpretiert dieses Verhalten als mangelndes Engagement und gibt ihm weniger Verantwortung – was den Rückzug des Mitarbeiters weiter verstärkt.
Jeder interpretiert also seine eigene Position in der Kommunikation als die Reaktion auf das Verhalten des anderen. Und das führt natürlich leicht zu Konflikten.
Hier ist es wichtig, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Stelle dir bewusst die Frage: „Wie trage ich durch mein Verhalten zum aktuellen Kommunikationsmuster bei?“
4. Axiom: Kommunikation ist digital und analog
Vereinfacht ausgedrückt, versteht Watzlawick unter „digital“ das, was nicht interpretierbar, also eindeutig ist. Analoge Modalitäten hingegen sind mehrdeutig. Sie können, je nach Kontext unterschiedlich entschlüsselt werden und bieten dadurch wieder ausreichend Möglichkeiten für Missverständnisse. „Analog“ bezieht sich in erster Linie auf die nonverbalen Signale wie Tonfall, Körpersprache und Mimik.
Probleme entstehen oft dann, wenn diese beiden Ebenen nicht übereinstimmen. Stell dir vor, ein Mitarbeiter sagt: „Ich bin offen für Kritik“, verschränkt dabei aber die Arme und verzieht das Gesicht. Was glaubst du: Ist er wirklich offen für Kritik? Vermutlich nicht.
Als Führungskraft solltest du darauf achten, dass deine analogen und digitalen Botschaften kongruent sind. Authentizität und Glaubwürdigkeit entstehen nur dann, wenn Worte und Körpersprache übereinstimmen. Und wenn du bei deinem Gegenüber Widersprüche zwischen den analogen und den digitalen Signalen wahrnimmst, dann kannst du dich in der Kunst des Gedankenlesens üben – oder du fragst nach.
5. Axiom: Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär
Das letzte Axiom beschreibt die Beziehungsmuster in der Kommunikation. Symmetrische Kommunikation findet und „gleichrangigen“ Partnern statt. Man begegnet sich auf Augenhöhe, lasst sich ausreden und hört zu. Bei der komplementären Kommunikation ergänzen sich die Verhaltensweisen – eine hackt auf dem anderen rum, und der lässt auf sich rumhacken.
Komplementäre Kommunikation hat den Vorteil sehr schnell zu sein. In einer klassischen Befehlskette, z.B. bei der Feuerwehr macht es durchaus Sinn, wenn einer die Anweisungen gibt, die andere dann ausführen. Wenn die Kommunikation am Arbeitsplatz aber fast ausschließlich komplementär ist, so wird sicher kein positives Arbeitsklima einstellen.
Beide Formen haben also durchaus ihre Berechtigung. In kreativen Teams kann eine symmetrische Kommunikation sehr produktiv sein, da Ideen auf gleicher Ebene ausgetauscht werden. In Krisensituationen hingegen kann eine klare, komplementäre Führung wichtig sein, um schnelle Entscheidungen zu treffen.
Erfolgreiche Führungskräfte wissen, wann welche Kommunikationsform angemessen ist, und können flexibel zwischen beiden wechseln.
Fazit: Kommunikation als Führungsinstrument
Die fünf Axiome von Watzlawick sind kein theoretisches Konzept für Kommunikationswissenschaftler, sondern ein praktisches Werkzeug für deinen Führungsalltag. Indem du die Mechanismen hinter der Kommunikation verstehst, kannst du Missverständnisse reduzieren, Beziehungen stärken und eine offenere Unternehmenskultur schaffen.
Also, mit welchem Axiom möchtest du starten?